Als die Ärztin am Telefon die Buchstabenkombination diktiert, schreiben mein Mann und ich zunächst SCXDP1 auf unseren Notizzettel. Fremd klingt dieser merkwürdige Name für uns, irgendwie technisch.
Unser Sohn ist zu diesem Zeitpunkt fast ein Jahr alt. Er hatte im Alter von 4 Wochen und dann nochmal im vierten Lebensmonat Krampfanfälle, die sich aber mit Medikamenten gut in den Griff bekommen ließen. Dass er sich nicht so entwickelt, wie die anderen Kinder aus dem Geburtsvorbereitungskurs etwa, führen wir in dieser Zeit auf die Medikamente zurück, die er seitdem bekommt. Wie an einem Rettungsring klammern wir uns an diese Erklärung. Denn schließlich sind das starke Medikamente. Kein Wunder also, dass unser Sohn etwas langsam ist.
Nachdem STXBP1 in unser Leben tritt ist klar: das verwächst sich nicht und die Entwicklungsverzögerung hat nichts mit den Medikamenten zu tun - wir können im Gegenteil sogar froh sein, dass die Antiepileptika bei unserem Sohn so fantastisch wirken!
Zunächst fühlen wir Überforderung im Dschungel aus neuen Themen, Aufgaben und Möglichkeiten. Dazu kommt die Angst vor einer ungewissen Zukunft und die Trauer um ein neurotypisches Kind, das es so nicht geben wird. Doch dann ist da auch Erleichterung, jetzt Bescheid zu wissen, eine tief empfundene Verbundenheit zu den anderen STX-Familien in Deutschland und weltweit und Hoffnung auf die Forschung, die in den letzten Jahren so wahnsinnige Fortschritte gemacht hat.
Über allem aber steht die Liebe zu unserem wunderbaren Sohn, der so voller Energie und Lebensfreude steckt, mit dem man wunderbar Quatsch und Chaos machen kann und der mit seinem tiefen Blick jeden in seinen Bann zieht.