STXBP1 und seine Besonderheiten


    STXBP1 ist eine sehr seltene genetische Veränderung auf dem Chromosom 9 und verantwortlich für motorische und kognitive Entwicklungsstörungen, sowie häufig starke Epilepsien bei Betroffenen. Durch die Genmutation STXBP1 können unsere Nervenzellen im Körper nicht richtig miteinander kommunizieren und verhindern dabei die so wichtige  Informationsweiterleitung in unser Gehirn.

    In Deutschland gibt es zurzeit ca. 70 dokumentierte Patienten mit der Genmutation STXBP1. Meist treten die ersten Symptome im Säuglingsalter auf, oftmals mit epileptischen Krampfanfällen und/oder Verzögerung oder gar Ausbleiben wichtiger Meilensteine in der Entwicklung.

    Das Auftreten dieser Genbesonderheit in Familien ist häufig “de-novo”, also spontan und nicht durch die Eltern vererbt. Die Häufigkeit einer STXBP1 Genmutation liegt schätzungsweise bei 1:30.000 und ist mittlerweile sogar die fünfthäufigste Diagnose bei epileptischen Enzephalopathie/frühkindlicher Epilepsie und neuronalen Entwicklungsstörungen.

    Wie zeigt sich die Genveränderung STXBP1?

    Häufig treten die ersten Auffälligkeiten bereits im Säuglingsalter oder kurz nach der Geburt auf. Das mittlerweile bekannte Erkrankungsspektrum ist weit vielfältiger als bisher gedacht, das heißt, dass sich betroffene Kinder sehr unterschiedlich entwickeln. Auch müssen nicht alle Symptome gemeinsam auftreten und sind in ihrerer Ausprägung sehr unterschiedlich und kaum vergleichbar.

    Folgende Symptome wurden bei den meisten Kindern dokumentiert:

    • Globale Entwicklungsverzögerung oder -störung
    • Epilepsie
    • kognitive Einschränkungen
    • schwere Sprachstörungen
    • veränderte Körperspannung z.B. Muskelhypotonie
    • Bewegungsstörungen z.B. Ataxie und/oder Tremor
    • Verhaltensstörungen z.B. unkoordinierte Bewegungsmuster und/oder Stereotypien
    • Autismus Spektrum Störung
    • Sehstörungen

    Die bisher am häufigsten auftretenden organspezifischen Entwicklungsprobleme sind Bewegungsstörungen, starke Epilepsien und Verhaltensstörungen. Weitere Probleme zeigen sich bei der Sehfunktion, Extremitätenfehlstellungen und/oder orthopädische Probleme. 

    Motorische Entwicklungsverzögerungen zeigen sich mit als Erstes durch Ausbleiben wichtiger Entwicklungsmeilensteine wie z.B. Kopfhaltung, erstes Drehen, Robben bis hin zum Laufen lernen. Bei fast allen Kindern sind schwache bis sehr schwere Gehprobleme zu sehen, häufig bedingt durch einen schwachen Muskeltonus und Ataxie. Das Erlernen des selbständigen Laufens ist für die betroffenen Kinder mit einem STXBP1 Gendefekt ein sehr harter und langer Weg, begleitet von viel Förderung und Hilfsmitteln. 

    So ist es auch beispielsweise mit der Sprache. Fast alle betroffenen Kinder weisen eine sehr schwere Sprachstörung auf. Das heißt, sie können nicht oder nur sehr wenige Worte sprechen, auch ist das Sprachverständnis oftmals nicht gegeben. Aber auch hier ist die Entwicklung der Kinder nicht vergleichbar und vorhersagbar. Weniger schwer Betroffene können ein gutes Sprachverständnis entwickeln und auch einige wenige Wörter erlernen.

    Wie wird STXBP1 diagnostiziert?

    STXBP1 ist eine neurogenetische Erkrankung und nur mittels molekulargenetischer Diagnostik zu stellen.

    Auslöser für eine genetische Untersuchung und Diagnose sind eine Entwicklungsverzögerung im Säuglings-/Kleinkindalter und/oder eine frühkindliche Epilepsie. 

    Die genetische Diagnostik startet oftmals zuerst mit Untersuchungen der einzelnen Genpaneele für Epilepsie, neurologische Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und geistige Behinderungen bis hin zur kompletten Exom-Sequenzierung.

    Behandlungsmöglichkeiten von STXBP1

    Zurzeit gibt es keine Heilung für STXPB1. Therapien zur Förderung der Entwicklung werden empfohlen und sind für betroffene Familien Alltag. Dazu gehören beispielsweise regelmäßig Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Heilpädagogik, Frühförderung. Stationäre Klinikaufenthalte und Reha-Maßnahmen gehören ebenfalls dazu. Neben der ganzheitlichen Förderung ist die medikamentöse Behandlung von Symptomen der Epilepsie unabdingbar. Das Einstellen und Finden der richtigen Medikamente ist bei sehr vielen betroffenen Kinder ein langer herausfordernder Weg. Dabei bleiben die wenigsten krampffrei.

    Kind im StehständerKind im Stehständer

    Forschung

    Mit Gründung des Vereins STXBP1 e.V. ist eines unserer Ziele die wissenschaftliche Forschung in Deutschland zu fördern und Forschungsprojekte zu finanzieren.

    Noch stehen wir hier ganz am Anfang. Allerdings können wir bereits über den ersten Meilenstein berichten - die Universitätsklinik Heidelberg hat die “STXBP1 Natural History Study of children with STXBP1 mutation” erfolgreich beendet und veröffentlicht. Ziel dieser Studie war es phänotypische Erscheinungsbilder, einen evolutionären Stammbaum, Entwicklungs- und Überlebenskurven zu erstellen und somit viele offene Fragen aller betroffenen Eltern zu beantworten. Möchtest Du mehr über die Studie erfahren? Hier geht es zur Publikation.

    • Hier findest du den neuesten Pressebericht der Universitätsklinik Heidelberg über die Förderung von Projekten zu schwer behandelbaren, angeborenen Epilepsien bei Kindern. Mit Hilfe einer Stiftung wurde unter anderem eine Professur für pädiatrische Epileptologie und ein grundlagenwissenschaftliches Labor eingerichtet, sowie ein Patientenregister zu genetischen Ursachen angeborener Epilepsie-Syndrome aufgebaut.
    • Dein Kind ist betroffen und ihr lebt in Deutschland? Melde Dich bei uns und wir stellen gerne den Kontakt her.
    • Du möchtest mehr über die internationale STXBP1 Forschung erfahren? Auf folgender Informationswebsite findest Du eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand.

    ESCO - European STXBP1 Consortium

    Das Konsortium ESCO (European STXBP1 Consortium) ist ein Zusammenschluss von Forschenden und KlinikerInnen aus derzeit 8 Ländern. Diese sind:
    Skandinavien, Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien, Italien und Israel. 

    Das Ziel ist es, die Forschung voranzutreiben, weil diese durch die geringe Patientenzahl auf Landesebene beschränkt ist. Langfristig soll erreicht werden, dass durch die vorangetriebene Forschung eine fundierte Bewertung neuer Therapien gelingen kann. Somit soll der Zugang zu neuen und hilfreichen Therapien erleichtert werden. 

    Die ESCO macht es sich zur Aufgabe, KlinikerInnen, Forschende, Familien sowie deren Verbände und die Industrie zur Entwicklung neuer Therapien für STXBP1-bedingte Störungen zusammenzubringen. Demnach verknüpft ESCO alle relevanten Interessengruppen in diesem Bereich.

    Anfang Februar 2024 gab es ein nicht-virtuelles internes Treffen mit allen ESCO-Mitgliedern.

    Das nächste, große Ziel ist es, eine prospektive Verlaufsstudie zu machen. Das bedeutet, dass die Kinder bzw. Erwachsenen mit STXBP1 in regelmäßigen Abständen standardisiert untersucht würden. Ein Studienprotokoll dafür ist bereits angefertigt. Im nächsten Schritt geht es um die Durchführungsorganisation der Studie. 

    Auf der ESCO Webseite findest du weitere interessante Informationen, zum Beispiel 10 FAQs zu STXBP1.